Eine Frage, die man sich beim Älterwerden immer wieder einmal stellen sollte: Ist man eigentlich noch fit genug, um ein Kraftfahrzeug sicher im Straßenverkehr zu lenken und auch in brenzligen Situationen angemessen zu reagieren? Hier braucht es ein gehöriges Maß an Mut und Selbstreflexion, um sich selbst einzugestehen, dass man vielleicht besser den Führerschein abgibt. Eine eher heikle Frage ist es für Angehörige, die besorgt sind, ob die Eltern oder Großeltern weiterhin selbst fahren sollten. Denn eines ist nicht zu leugnen: Im Laufe der Zeit treten Beeinträchtigungen der motorischen, kognitiven und sensorischen Funktionen auf, die allesamt Einfluss auf die Reaktionsfähigkeit und -geschwindigkeit haben, was vor allem in komplexen Fahrsituationen Auswirkungen auf die Sicherheit des Straßenverkehrs hat.
Das schlägt sich auch in den Unfallstatistiken nieder: In der Untersuchung „Verkehrsunfälle – Unfälle von Senioren im Straßenverkehr 2020“ des Statistischen Bundesamtes von 2021 zeigt sich, dass die Generation 65+ zwar eine geringere Unfallbeteiligung als die anderen Altersgruppen hatte. Waren die Fahrer ab 65 jedoch als Pkw-Fahrer (und nicht als Radfahrer oder Fußgänger) in einen Unfall verwickelt, trugen sie in mehr als zwei Dritteln aller Fälle die Hauptschuld, bei den mindestens 75-Jährigen sogar in mehr als drei Vierteln aller Unfälle.
Feedback einholen mit einer Rückmeldefahrt
Doch wer in welchem Ausmaß von altersbedingten Einschränkungen betroffen ist, ist individuell völlig unterschiedlich. „Daher kann man auch nicht sagen: Ab 70 oder 90 sollte jeder seinen Führerschein abgeben. Stattdessen braucht es eine personenbezogene Einschätzung. Qualifizierte Rückmeldefahrten sind hier ein probates Mittel, um dem Autofahrer oder der Autofahrerin ein Feedback zu geben und den Verkehr sicherer zu machen“, erläutern die Verkehrssicherheitsexperten des Automobilclub KS e.V.
Bei einer qualifizierten Rückmeldefahrt handelt es sich um eine zirka einstündige, freiwillige Autofahrt, bei der ein Experte oder eine Expertin vom Beifahrersitz aus die Fahrsicherheit einschätzt. Anschließend wird das Verhalten in den erlebten Verkehrssituationen mit dem Fahrer oder der Fahrerin besprochen und Stärken und Schwächen erörtert. Auch erhalten sie konkrete Tipps, was sie in verschiedenen Fahrsituationen verbessern können. „Wichtig ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass es bei den qualifizierten Rückmeldefahrten nicht darum geht, ältere Menschen ihrer Mobilität zu berauben, sie zur Abgabe des Führerscheins zu überreden. Im Gegenteil: Diese Fahrten dienen in erster Linie dem Kompetenzerhalt. Sie sind eine Möglichkeit, mithilfe von Feedback durch die Experten die Fahrweise deutlich zu verbessern“, so der Automobilclub KS e.V. Darüber hinaus dürfen die Ergebnisse einer qualifizierten Rückmeldefahrt auch nicht an Behörden weitergegeben werden, es droht also kein Führerschein-Entzug.
Effektiver Beitrag zum Kompetenzerhalt
Wie effektiv die Rückmeldefahrten zur Verkehrssicherheit beitragen, zeigt eine Studie der GDV Unfallforschung der Versicherer aus dem Jahr 2019: Hierzu war eine Rückmeldefahrt für Senioren entwickelt und
wissenschaftlich evaluiert worden, die aus zwei Fahrten im Abstand von drei Monaten von zwei Versuchs- und einer Kontrollgruppe bestand. Dabei zeigte sich deutlich, dass bei der zweiten Rückmeldefahrt diejenigen Fahrer, die nach bzw. zusätzlich während der ersten Rückmeldefahrt Feedback erhalten hatten, signifikant weniger Fahrfehler machten als die Fahrer ohne Feedback. Zudem zeigte sich, dass die Teilnehmenden selbst mit den Rückmeldefahrten sehr zufrieden waren, sie also nicht als Bevormundung oder Art Führerscheinprüfung empfanden, und sie anderen Fahrern ihrer Altersgruppe weiterempfehlen würden. Qualifizierte Rückmeldefahrten werden beispielsweise von Fahrschulen, TÜV und DEKRA oder den Landesverkehrswachten angeboten.