Seit 2019 die ersten E-Scooter durch Deutschland flitzten, haben sie viel Ärger auf sich gezogen – vor allem, wenn die Roller der Verleihfirmen von den Nutzern nach der Fahrt achtlos irgendwo hingeworfen und so zum Hindernis für alle anderen Verkehrsteilnehmer – vom Fußgänger über den Radfahrer bis zum Autofahrer – wurden. Dank ausgewiesener Abstellflächen vor allem in Innenstädten, wo besonders viele Menschen mit
dem E-Scooter unterwegs sind, haben zahlreiche Kommunen das Problem jedoch mittlerweile weitgehend in den Griff bekommen.
Unfälle werden mehr
Was jedoch nach wie vor ein Problem darstellt, sind fehlende verbindliche europäische Standards vor allem bezüglich der Sicherheit. Wie notwendig diese sind, belegt ein Blick in die Unfallstatistik: Nach Angaben des ETSC ist die Zahl der Schwerverletzten in 18 europäischen Ländern, darunter Deutschland, von 4.231 im Jahr 2021 auf 5.867 im Jahr 2022 angestiegen – die Zahlen beziehen sich auf die Kategorie „motorisierte Mikromobilitätsgeräte“, in der zum größten Teil E-Scooter vertreten sind. Zugleich gab es 2022 bei den E-Roller-Unfällen 119 Tote in Europa; in Deutschland kamen im vergangenen Jahr 23 Menschen bei Unfällen mit E-Scootern ums Leben. Auch weist der ETSC auf eine vermutlich hohe Dunkelziffer von nicht gemeldeten schweren Verletzungen hin, sowohl in Fällen, in denen Scooter-Fahrer ohne die Beteiligung anderer gestürzt sind, als auch bei Unfällen mit vulnerablen Gruppen, wie Fußgängern oder Radfahrern.
Maßnahmen für mehr Sicherheit
Gerade angesichts der Tatsache, dass immer mehr Menschen E-Scooter nutzen und die Unfallzahlen steigen werden, braucht es nach Ansicht des Europäischen Verkehrssicherheitsrates europaweit gültige Maßnahmen, um die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen. Diese hat der ETSC in seinem jüngsten Bericht „Improving the Road Safety of E-Scooters – PIN Flash Report 47“ von November 2024 veröffentlicht. Dazu zählen fahrzeugseitig etwa eine Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h, eine Mindestbremswirkung, unabhängige Frontund Rücklichter sowie eine maximale Beschleunigung. Für die Nutzung im Straßenverkehr fordert der ETSC darüber hinaus ein Mindestalter für die Benutzung von 16 Jahren, ein Fahrverbot unter Drogen- oder Alkoholeinfluss, ein Verbot der Handynutzung während der Fahrt, eine Helmpflicht sowie eine sichere Infrastruktur. Dabei zielen die Infrastrukturmaßnahmen auf eine generell verbesserte Infrastruktur ab, die schwächere Verkehrsteilnehmer besser schützt. Dazu zählen etwa ein generelles Tempolimit von 30 km/h in Wohn- und Innenstadtgebieten oder auch eine bessere räumliche Trennung zum motorisiertem Verkehr.
„Während in Deutschland einige der Punkte ohnehin über die Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) geregelt sind, wie z.B. das Limit von 20 km/hm, weichen die deutschen Vorgaben an anderen Punkten von den Empfehlungen des Europäischen Verkehrssicherheitsrates ab, etwa was eine Helmpflicht betrifft oder das Nutzungsalter, das in Deutschland 14 Jahre beträgt“, erläutert Isabella Finsterwalder, Pressesprecherin des Automobillcub KS e.V. die ETSC Vorschläge.
DVR unterstützt europäischen Ansatz
Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) – der Automobilclub KS e.V. ist eines der Gründungsmitglieder – stimmt mit einer Vereinheitlichung der Vorgaben auf europäischer Ebene mit dem ETSC überein. Dazu Manfred Wirsch, Präsident des DVR: „Der europäische Ansatz ist der einzig richtige. Warum sollen dieselben Erfahrungen in mehreren Mitgliedstaaten wiederholt gemacht werden, wenn man voneinander lernen und gemeinsame Lösungen finden kann? Gerade die fahrzeugtechnischen Mindestanforderungen sollten europäisch definiert werden. Dazu gehören voneinander unabhängig wirkende Bremsen, eine gut sichtbare Beleuchtung und auch Fahrtrichtungsanzeiger. Wir hoffen, dass die bereits vom Bundesverkehrsministerium entworfene Überarbeitung der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung der Regierungsumbildung nicht zum Opfer
fällt, sondern bald auf den Weg gebracht wird. Diese stellt einen guten Ausgangspunkt für eine europäische Regulierung dar.“ Eine weitere Erfahrung, die europaweit gelten dürfte: „Wenn E-Scooter Teil des Mobilitätsangebots sein sollen, erhöht sich der Druck, eine sichere Radverkehrsinfrastruktur zu schaffen und durch mehr Verkehrsüberwachung diejenigen aus dem Verkehr zu ziehen, die auf dem Gehweg fahren, die Fahrzeuge tunen oder durch rücksichtsloses Abstellen Stolperfallen hinterlassen“, so Wirsch.