Die schöne neue Welt des vollautonomen Fahrens klingt verlockend: Man nimmt im eigenen Fahrzeug Platz wie im Taxi und muss sich um nichts kümmern. Der Wagen navigiert eigenständig und unfallfrei durch den Verkehr – schließlich sind alle Autos autonom unterwegs, menschliches Fehlverhalten beim Bremsen, Abbiegen etc. ist ausgeschlossen … Doch bis dahin ist es – vor allem in puncto Gesetzgebung – noch ein langer Weg. Heute schon realisiert sind jedoch verschiedenste Assistenzsysteme, die dem Fahrer nicht nur zu mehr Komfort beim Fahren verhelfen, sondern vor allem zu mehr Sicherheit im Straßenverkehr beitragen sollen. Dabei handelt es sich längst nicht mehr nur um Systeme, die den Fahrer warnen und zum Handeln auffordern. Zunehmend agieren diese Fahrerassistenzsysteme in akuten Notsituationen auch eigenständig und übernehmen kurzzeitig die Kontrolle, um etwa die Kollision mit einem anderen Fahrzeug zu verhindern.
Fahrerassistenzsysteme: wichtiger Bestandteil der „Vision Zero“
„Seit Langem setzen wir uns entsprechend der ‚Vision Zero‘ mit null Verkehrstoten und Schwerverletzten im Straßenverkehr dafür ein, dass sich die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer verbessert und so Leben gerettet werden können. Sicherheitsrelevante Fahrerassistenzsysteme sind dafür ein elemetarer Baustein“, so die Experten des KRAFTFAHRER-SCHUTZ e.V. (KS). Denn nach Angaben des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR) sind in ca. 90 Prozent der Verkehrsunfälle Fahrfehler die Ursache. Im Zusammenhang damit gelangt die DEKRA in ihrem „Verkehrssicherheitsreport: Personenverkehr – Strategien zur Unfallvermeidung auf den Straßen Europas“ 2016 zu dem Schluss, dass 50 Prozent der schweren Unfälle mit modernen Sicherheitssystemen verhindert werden können.
Dabei sind Fahrerassistenzsysteme keineswegs neu: „Bordsteinfühler“ dienten in den 1950ern als Art passive Einparkhilfe; Antiblockiersysteme (ABS) werden seit den 1970ern verbaut und auch Abstandregeltempomaten gibt es seit mittlerweile 20 Jahren. Doch gerade die neueren Generationen von Assistenzsystemen – und damit auch höhere Automatisierungsgrade – tragen entscheidend zur Sicherheit bei. Dementsprechend hat auch der Gesetzgeber reagiert und veranlasst, dass diverse sicherheitsrelevante Assistenten ab 2022 für neue Fahrzeugtypen und ab 2024 für neu zugelassene Fahrzeuge – zusätzlich zu den bereits vorgeschriebenen, wie ABS, RDKS oder ESP, – verpflichtend sind. Konkret handelt es sich um die „Verordnung über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge im Hinblick auf ihre allgemeine Sicherheit und den Schutz der Fahrzeuginsassen und von ungeschützten Verkehrsteilnehmern“ der EU. Für den Pkw-Bereich zählen bei den Fahrerassistenzsystemen dazu das Notbremslicht, der Rückfahrassistent, der intelligente Geschwindigkeitsassistent, der Notfall-Spurhalteassistent und das Notbremsassistenzsystem.
Beispiel Notbremsassistent
Allein im Fall des modernen Notbremsassistenten beziffert der DVR die vermeidbaren Pkw-Unfälle auf 43 Prozent. Das Notbremssystem analysiert ständig verschiedene Parameter wie Pedalstellung, Abstände und Beschleunigung, um in kritischen Situationen den Fahrer rechtzeitig zu warnen, damit dieser reagieren kann. Bremst der Fahrer in einer solchen Situation jedoch nicht stark genug ab – was laut DVR bei ca. 50 Prozent der Auffahrunfälle der Fall ist –, erhöht der Notbremsassistent selbst den Bremsdruck; auch eine automatische Vollbremsung kann durch das System ausgelöst werden, um die Schwere eines Unfalls zu verringern. Doch damit nicht genug: jeweils zwei Jahre später, also 2024 für neue Typgenehmigungen und 2026 für Neuzulassungen, werden die Anforderungen an das Notbremssystem nochmals erhöht. Dann muss der Assistent auch in der Lage sein, Radfahrer und Fußgänger zu erkennen und dementsprechend abzubremsen.„Wir sind überzeugt, dass das die Zahl der Verletzten und Toten nochmals stark herabsetzen kann. Zugleich muss jedoch betont werden, dass auch beim Einsatz von Fahrerassistenzsystemen die Verantwortung immer beim Fahrer liegt – genauso wie die Kontrolle, denn auch autonome Eingriffe müssen grundsätzlich übersteuerbar sein“, resümiert der KRAFTFAHRER-SCHUTZ e.V. (KS).